„Rjukan bietet eine einzigartige Kombination aus norwegischer Industrie- und Kriegsgeschichte und Möglichkeiten für eine Vielzahl von Naturaktivitäten“
Es gibt Beschreibungen in Reiseführern, die machen mich einfach nicht neugierig. So habe ich auch ehrlich gesagt nicht viel erwartet, als wir Anfang August Halt in Rjukan machten.
Vom Bauernhof zum Industrie-Standort
Ursprünglich gab es am Fluss Måna um 1907 nur ein paar Bauernhöfe, als die Norsk Hydro begann Wasserwerk und Industriestätte zu bauen. Die Stadt Rjukan entstand am Reißbrett. Innerhalb kürzester Zeit wurde Wohnraum für Arbeitskräfte geschaffen und die günstigen Energiekosten machten Rjukan zu einem attraktiven Industriestandort. Innerhalb von drei Jahren hatte Rjukan 2.200 Einwohner, 1920 lebten bis u 10.000 Menschen hier.
Sam Eyde
Sam Eyde, Begründer der Norsk Hydro (1907), sagte: „Rjukan lief über vor Energie, es war wie im Goldrausch!“ Er kaufte zu dieser Zeit Rechte an Wasserfällen und nutzte deren schier endloses Potential, in dem er Wasserkraftwerke errichtete. Heute gilt er auch als Gründer der Stadt Rjukan.
Ein perfekter Tag
Der Sommer gab sich richtig Mühe: der blaue Himmel wolkenfrei, angenehme 20 Grad bei leichtem Wind und ich war so positiv überrascht! Kleine bunte Häuser reihen sich am Fluss Måna entlang in erster, zweiter, dritter Reihe und schaffen heute eine charmante Kleinstadt mit aktuell ca. 3.038 Einwohnern.
Auf dem Dorfplatz rauscht ein spielerischer Brunnen, die Touristen-Information befindet sich direkt am Platz und hat tolle Tipps für den Nachmittag. Wir haben einen ausgeschilderten Spaziergang durch den Ort gemacht um uns einen ersten Eindruck zu verschaffen. Zwischen den kleinen, evtl. ehemaligen Arbeiterhäusern? hindurch, zu einer parkähnliche Anlage und entlang des Flussufers unterhalb bis zum Såheim Kraftwerk.
UNESCO Zentrum Vemork
Anschließend sind wir mit dem Shuttlebus nach Vemork gefahren. Das heutige Industriemuseum war 1911 das größte Wasserwerk der Welt.
Ein historischer Zusammenhang in aller Kürze: In Rjukan produzierte man u.a. Kunstdünger, wobei als Abfallprodukt das „schwere Wasser“ entstand. Dadurch entstand in Rjukan eine Produktionsstätte für schweres Wasser, das u.a. zum Bau von Atombomben gebraucht wird und daher während der deutschen Besatzung im 2. Weltkrieg ein wertvolles Gut war.
Mehrere Sabotage-Operationen vereitelten den Versuch, das schwere Wasser nach Deutschland zu schaffen. Diese Zusammenhänge werden in Vemork ausführlich dargestellt. Das Museum und UNESCO-Zentrum beweist, dass Geschichte auch interessant vermittelt werden kann.
Wären wir länger geblieben …
… wären wir mit Sicherheit mit der Krossobahn gefahren. Sie war die erste Drahtseilbahn Nordeuropas. Gebaut 1928 war sie ein Geschenk von Norsk Hydro an die Einwohner Rjukans. Alle Einwohner sollten die Möglichkeit haben, während des Winterhalbjahres hinauf ins Sonnenlicht zu gelangen. Von September bis März erreicht die Sonne das Tal nämlich nicht. Schon Sam Eyde hatte davon geträumt die Sonnenstrahlen mittels von Spiegeln auf den Marktplatz zu werfen, erst 2003 wurde dieses Projekt verwirklicht.
Und natürlich wären wir hinauf zum Gaustatoppen gefahren, der von vielen als der schönste Berg Norwegens bezeichnet wird. Er ragt 1 883 m ü.d.M. hoch über Rjukan in den Himmel. Mit der im Berg versteckten Gaustabanen fährt man innerhalb von 15 Minuten durch den Berg hinauf, wenn man nicht wandern möchte.
Fazit: Wir müssen unbedingt noch einmal wieder kommen und dann länger bleiben!
Dorle, August 2022
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