Fjordtra Gruppenreise auf MS Havila Polaris – ein Rückblick
„Wir haben viel gelacht“ – das war mein erster Gedanke beim Verfassen dieses Rückblickes.
Ankunft in Bergen und die ersten Tage
Das typische Bergenwetter begrüßte uns (300 Regentage im Jahr), sodass es nicht weiter schlimm war, hier direkt an Bord der komfortablen MS Havila Polaris zu gehen … in der Hoffnung auf Besserung!
Aber auch am nächsten Morgen hingen die Wolken tief über Ålesund und begleiteten uns weiter in den Geirangerfjord. Im Fachjargon nennt man dies wohl „eine mystische Atmosphäre„. Entdeckt Ihr den Troll ganz oben im Gipfel? Von Geiranger aus machten wir uns auf zu einem Busausflug durch das Fjordland Richtung Molde. Der erste Höhepunkt, die Serpentinenstraße Trollstigen, war wegen Steinschlags gesperrt, der zweite Höhepunkt war die Fahrt mit der Romsdal-Seilbahn auf den Hausberg Åndalsnes, wo wir köstlich gegessen haben. Der Ausblick soll beeindruckend sein, aber leider nicht für uns. Vielleicht morgen!
Trondheim und der Sprung über den Polarkreis
Nachdem wir unser Frühstück genossen hatten, waren wir sehr erfreut, dass es zumindest trocken und sogar recht warm in Trondheim war. Manche gingen auf Ausflüge, andere schlenderten gemeinsam Richtung Nidarosdom. In den knapp 4 Stunden Liegezeit war ausreichend Zeit um ein paar erste Besorgungen zu machen. Und dann kam sie endlich: die Sonne – und es gab kein Halten mehr!
Am 06.08.24 überquerten wir am frühen Morgen den nördlichen Polarkreis, mit einer heißen Tasse Kaffee draußen an Deck. Die Arktis war erreicht! Neptun ließ es sich nicht nehmen uns standesgemäß zu begrüßen:
Mittags erreichten wir Bodø bei herrrlichem Sonnenschein. In Sandalen und Kleid bin ich durch die Stadt geschlendert, zusammen mit einigen Gästen. Die Stadt hat einige schöne Grafittis, ein Blick in die Domkirche war eine Abkühlung und zum Schluss half nur noch ein Eis, bevor wir über den Vestfjord Richtung Lofoten weiter segelten.
Inselwelt der Lofoten
Was für eine Kulisse! Die Lofoten erstaunen mich jedesmal aufs Neue. Mit einer kleinen Gruppe stiegen wir in Stamsund aus und fuhren über Land, durch ein fruchtbares Tal und entlang der Küstenstreifen von einem Ort zum nächsten. Die Geschichte und Entstehung der Inseln, die sich wie Perlen auf einer Kette aneinanderreihen, aber alle durch Brücken miteinander verbunden sind, waren Thema. Bei Kabelvåg besuchten wir ein Freilichtmuseum, wo unser Guide dann noch ein kleines Klavierkonzert gab, und hielten kurz an der beeindruckenden Lofotkathedrale. Dann hörten wir schon das Schiff tuten und mussten uns eilen, um in Svolvær wieder an Bord zu gehen. Tschüß Lofoten, wir kommen südgehend noch einmal wieder!
Der Tag war aber noch lange nicht zu Ende … 20 Stunden Tageslicht sind eine wahre Herausforderung, aber schlafen können wir ja Zuhause! Diese späten Stunden sind so stimmungsvoll und beeindruckend. Wir hatten großes Glück: unser Kapitän fuhr kurz vor Mitternacht noch in den Trollfjord hinein, in dem sich das Schiff dann auf der Stelle drehen muss, um wieder herausfahren zu können. Man meint, die Felsen fast mit der Hand berühren zu können.
Tromsø, das Paris des Nordens
Auch in der lebendigen Universitätsstadt, von wo aus viele Entdecker in See gestochen sind, schien am nächsten Tag die Sonne und es war wieder bestes Sommerwetter. Einige Mitreisende besuchten das Polarmuseum, um die Originalausrüstung von Roald Amundsen & Co. zu bestaunen, andere lockte das Trollmuseum, einfach weil die Idee so skurill war. Wer anstonsten keinen Ausflug gebucht hatte, machte sich gemeinsam auf Richtung Eismeerkathedrale – wieder im Schlendermodus. Zum Glück war die große Brücke über den Sund für Autos gerade gesperrt, sodass uns beim Überqueren nur die Hitze zu schaffen machte. Die Kirche ist in ihrer Schlichtheit sehr eindrucksvoll, das Glasmosaik strahlt bei gutem Wetter wundervoll. Wie vielerorts ist die Kirche ein Moment der Besinnung und Erinnerung an Menschen, die vielleicht gerne mit uns gereist wären, es aber nicht mehr erlebt haben. Das rückt zusammen. Nach 4 Stunden Liegezeit, die viel Raum für persönliche Interessen ließen, verabschiedeten wir uns dann von dieser schönen Stadt.
Nordkap – das geografische Ziel
71° 10′ N, 25° 47′ O
Das Nordkap ist das geografische Ziel der meisten Nordlandreisen. Schon immer hat es Reisende hierher gezogen. Viele Gäste kommen mit dem Pkw oder per Reisebus, wir hatten es mit unserem Postschiff äußerst bequem. Ausstieg in Honningsvåg, rein in den Ausflugsbus und los. Unterwegs wurden wir ganz aufgeregt, als die ersten grasenden Rentiere gesichtet wurden. Am Nordkap selbst musste der Platz am Globus erkämpft werden, damit alle ihr persönliches Erinnerungsfoto machen konnten. Wir staunten nicht schlecht, wie viele Menschen hier mit dem Fahrrad ankamen: Es lief gerade eine Ralley vom Gardasee zum Nordkap (NorthCape4000). „21 Tage“, so berichtete mir ein glücklicher, aber auch sehr erschöpfter Mann, nachdem er für sein Foto sein Rennrad in die Höhe gereckt hatte. Respekt!
Kirkenes und Vardø
Kirkenes liegt so östlich wie Kairo. Geografisch müsste es hier einen Sprung in die nächste Zeitzone geben, faktisch hat sich Norwegen aber dagegen entschieden um einheitliche Uhrzeiten im ganzen Land zu haben. Bis zur russischen Grenze sind es nur 15 Kilometer. Jahrzehntelang gab es hier ein natürliches Miteinander, Russen wie Norweger waren Grenzgänger um im Nachbarland zu arbeiten, Freunde und Familie zu besuchen. Die Straßenschilder in norwegischer und kyrillischer Sprache zeugen davon. Im Hafen lagen russische Fischerboote. Die weltpolitische Situation hat dies natürlich verändert. Wir waren sehr gespannt darauf, darüber mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, aber eigentlich hat niemand Lust darüber zu sprechen: Es hat einen Stillstand gegeben, kaum mehr Grenzübergänge, kein Handel, die Werft der Stadt hat kaum mehr Aufträge, was für den größten Arbeitgeber (600 Arbeitsplätze) und die Stadt (3.500 Einwohner) natürlich katastrophal ist. Tourismus ist z.Zt. die wichtigste Einnahmequelle, also haben wir uns auf einen Ausflug ins Schneehotel begeben, das hier auch im Sommer steht, geschützt unter einer Plane mit Generatoren gekühlt. Andere Mitreisende hatten eine Königskrabben-Safari gebucht. Sie sind mit einem Boot rausgefahren zu den Reusen und wurden anschließend im Camp lecker bekocht.
Nachdem das Schiff in Kirkenes gewendet hat um den Weg gen Süden anzutreten, haben wir die Weiterfahrt an Deck genossen. Noch immer war es sonnig und warm. Am Nachmittag erreichten wir Vardø, einen meiner Lieblingshäfen und die einzige arktische Stadt Norwegens. Letzteres definiert sich dadurch, dass die jährliche Durchschnittstemperatur 10°C nicht übersteigt. Die Atmosphäre erinnert sehr an die abgelegenen Ortschaften Grönlands. Bunte Häuser reihen sich entlang der Straßen, auf denen nichts passiert. Wir haben einen kurzen Spaziergang zur alten Festung gemacht, mehr gibt die Liegezeit leider nicht her. Wie jedes Mal beschlich mich auch heute der Wunsch, wieder zukommen um länger zu bleiben. Um in aller Ruhe durch den Ort zu schlendern und um in aller Ruhe das Hexenmahnmal zu besuchen. Im 17. Jahrhundert fanden in der Region Finnmark 31% von Norwegens Hexenprozessen statt, obwohl hier nur 0,8 Prozent der norwegischen Bevölkerung lebten. In Vardø gab es unter den 300 Einwohnern 91 Frauen, die als Hexe hingerichtet wurden.
Hammerfest
Seit längerer Zeit liegt die Anlegestelle in Hammerfest außerhalb des Ortes. Früher ging man von Bord, befand sich quasi auf dem Dorfplatz und konnte die Stadt zu Fuß erkunden und auf den Hausberg steigen. Das ist aktuell nur mit einer Stadtrundfahrt möglich, da das Terminal im Zentrum neu gebaut wird. Die Stadt profitiert sehr von Melkøya. Auf der Insel wird Erdgas in LNG-Flüssigerdgas. Hier steht die weltweit größte Produktionsanlage dieser Art. Entsprechned wird das neue Terminal ein Gebäude der Superlative. Auch das Stadtbild hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Erinnerte ich mich von meiner letzten Reise (2017) noch an die kleine schuhkartonähnlichen bunten Häuser, die verstreut an den Hängen lagen, sind die Uferzeilen nun mit futuristischen modernen Wohnkomplexen bebaut. Das ließ sich von unserem Standort aus gut beobachten. Fußläufig konnten wir hier die Meridiansäule besuchen. Sie ist der nördliche Messpunkt des Struve-Meridianbogens (das erste technisch-wissenschaftliche Objekt auf der UNESCO-Weltkulturerbe-Liste). Der russische Forscher Struve wollte Newtons Annahme beweisen, dass die Erde aufgrund der Rotation an den Polen abgeflacht ist. Dazu vermaß er vom Schwarzen Meer bei Odessa bis hier nach Hammerfest eine Strecke von fast 3000 km mit 265 Dreiecken. 36 Jahre (1816-1842) dauerte die Aktion und bestätigte die These. Dahinter liegt die kleine Festungsanlage Skansen. Sie wurde 1810 nach dem Napoleonischen Krieg errichtet, in dem England die Stadt erobert und geplündert hatte. Zum Einsatz kamen die roten Kanonen aber nie.
Ein schöner Ausklang des Tages war am Abend das Mitternachtskonzert in Tromsø: Vom Schiff aus gingen wir zügig Richtung Domkirche. Es war Samstag-Abend und entsprechend viel los in den Straßen. In so einer Sommernacht wird in Norwegen gefeiert. Wir mussten um Mitternacht auf der Straße dann noch ein Ständchen singen, denn Doris aus unserer Gruppe hatte am Sonntag Geburtstag. Das Konzert war sehr berührend. Uns unbekannte norwegische Instrumente wurden gespielt, kombiniert mit wundervollem Gesang. Nachdem alle wieder an Bord waren, hieß es dann nur noch: Gute Nacht!
Vesterålen & Lofoten
Ein Tag jagt den nächsten: Ein paar Gäste sind gleich morgens zu der wunderschönen Busfahrt über die Vesterålen aufgebrochen. Alle anderen ließen es geruhsamer angehen mit einem ausgiebigen Frühstück an Bord. Mittags trafen wir uns dann alle in Sortland wieder um gemeinsam Richtung Lofoten weiter zu segeln. Der nächste Stopp war am Nachmittag Stokmarknes. Hier befindet sich das Hurtigruten-Muesum, in dem das alte Postschiff MS Finnmarken ausgestellt ist. Wir nutzen natürlich die Gelegenheit das Schiff von 1956 zu erkunden – dort konnte man sich richtig verlaufen und musste in manchen Kabinen den Kopf einziehen.
Und dann begann das Naturerlebnis Lofoten – ein wares Feuerwerke an Eindrücken, die sich nur schwer in Worte fassen lassen. Zunächst fuhren wir durch den schmalen Raftsund. Die Meeresenge hat auf beiden Seiten nur wenige Meter Tiefe, sodass das Navigieren hier sehr anspruchsvoll ist. Nach einiger Zeit kam ein kleines Fischerboot auf uns zu, die MS Orca, die eine kleine Gruppe von uns aufnahm, um mit uns auf Seeadler-Safari zu gehen. Diese begann mit der Fahrt in den spektakulären Trollfjord gemeinsam mit unserem Postschiff. Die MS Havila Polaris machte sich dann auf Richtung Svolvær, wo wir sie nach unserem Ausflug wiedertreffen sollten. Aber zuerst erlebten wir eines der eindrucksvollsten Treffen mit den Seeadler, das ich hier je erlebt habe. An die hundert Tiere (so der Kapitän der MS Orca) sollen um uns gekreist sein, sich Fisch schnappend, mit ihrer Spannweite von über 2m ein wahres Erlebnis. Viele Jungtiere saßen auf den umliegenden Felsen um das treiben der Eltern zu beobachten und daraus zu lernen. Die MS Orca brachte uns dann nach Svolvær, wo wir zeitgleich mit unserem Postschiff ankamen. Aber auf hier war der Tag noch nicht zuende!
Ich wollte unbedingt noch einmal über die Lofoten fahren, diesmal zum Thema Wanderung am Strand! Der Übergang von einem Ausflug zum nächsten war sehr knapp, eine Wegverzehrung hatten wir für den Abend schon erhalten. Der Guide war leider nicht gut, aber das Ziel und die leichte Wanderung waren großartig! Über einen gut befestigten Wag sind wir von einem Strand zum nächsten gewandert, ca. 1,5 Stunden. Am Ziel ging es dann natürlich noch mal kurz mit den Füßen ins Wasser, dann sammelte uns der Bus wieder ein und brachte uns zum Schiff. Ein toller Ausflug in wunderschöner Landschaft!
Brønnøysund
Nach den spannenden letzten Tagen folgte heute dann der vielleicht sinnlichste Tag an Bord. Entlang der Helgelandsküste reihen sich Felsformationen zu einer unglücklichen Liebesgeschichte aneinander. In Brønnøysund machten sich einige von uns auf zu einer Wanderung durch den markanten Felsen Torghatten. Der hat ein Loch in der Mitte, laut der Sage wurde er von einem Pfeil durchschossen. Die Wissenschaft geht eher davon aus, dass die Eiszeit Schuld daran war. Wie auch immer. Nach der Liegezeit, einem Spaziergang entlang der Uferzeile, einem Einkauf von landestypischen Mitbringseln im Supermarkt ging es dann weiter. Hinter der großen Brücke grüßten wir mit Schiffshorn und Flaggen dann noch norwegische Freunde unserer Mitreisenden, die ebenfalls von ihrer Terrasse aus grüßten – mit Trompete. Das war herzerwärmend.
Trondheim & Kristiansund
Der frühe Vogel in Trondheim konnte uns mal, es heißt einige Gäste hätten sogar den Ausflug zur Besichtung des Nidarosdoms verschlafen! Wir haben gemütlich gefrühstückt und uns dann einfach treiben lassen. Die Stunden an Bord sind bereits gezählt, da will man noch einmal die Ruhe genießen und sich verwöhnen lassen. In Kristiansund ging es dann aber doch noch einmal für einen Spaziergang von Bord. Die Uferzeile ist recht hübsch gemacht, in den Parallelstraßen aber offenbart sich ein ähnliches Geschäftesterben, wie wir es von Zuhause kennen. Schade.
Bergen
Und dann war auch schon wieder Bergen erreicht! Wohl niemand hätte gedacht, wie schnell diese 12 Tage entlang der norwegischen Küste vergehen würden. Zum Glück hatten wir hier noch eine Abschlussnacht, zum Glück am Abend noch ein gemeinsames Abendessen, mit herzlichen Abschiedsworten und Tränen in den Augen. Bergen hatte uns wieder und damit auch das Bergenser Wetter. Obwohl es total neblig war, sind wir zu zehnt noch gemeinsam auf den Hausberg Fløyen gefahren, um von hier aus wieder nichts zu sehen, was wir aber wie schon am Anfang unserer Reise erfolgreich weg lachten, und das hat der anschließende Kneipenbesuch wieder wett gemacht!
Fazit
Es war toll mit Euch!
Dorle
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